Nanning, 2003
VORWORT
Einleitend möchte ich mich ganz herzlichst für die tatkräftige Unterstützung zur Realisierung meiner China-Reise bei Herrn Thews bedanken. Herr Thews hat es mir erst ermöglich, eine Studienreise nach China, Nanning, zu planen und zu unternehmen. Es bedarf nämlich einer Vorlaufzeit von mindestens einem halben Jahr, für Studiumsbestätigung, Visum, Flug etc., um einen reibungslosen Ablauf zu gewähren. VIELEN DANK!
ANREISE
Nach langer Vorbereitung und fiebern auf den kommenden Abreisetag, ging am 05. April 2003 um 08:09 Uhr die Reise ins ferne Land Asien los. Mit dem Zug fuhr ich von Augsburg nach Frankfurt-Airport. Pünktlich um 14:00 Uhr starteten wir mit Cathay Pacific in Richtung HongKong. Aufgrund der bestandenen Erkrankung „SARS“ war die Maschine nur zu 50% gebucht, und so konnte man es sich recht gemütlich machen. Als wir an Board gingen , wurden von den Stewardessen Atemmasken für jeden Passagier verteilt, um eine etwaige Ansteckung mit SARS zu vermeiden. Wir wurden darüber aufgeklärt, dass die Filter der Aircondition im Flugzeug auf neuestem Stand sind, die Innenluft alle 2-3 Minuten ausgetauscht wird, um somit eine Ausbreitung des Erregers bei evtl infizierten Menschen an Board zu verringern. Auch das Boardpersonal trug Atemmasken und Handschuhe den ganzen Flug über. Nur zum Essen musste man notgedrungen die Masken einwenig anheben. Ja, das war schon mal der erste Eindruck von meinem bevorstehenden Abendteuer und das, obwohl wir noch nicht einmal deutschen Boden verlassen hatten. Der Flug war trotz allem sehr angenehm. Nach 11 Stunden Flugzeit, landeten wir in HongKong. (Zeitverschiebung +6Std). Ortszeit war jetzt 07:00 Uhr morgens. Nachdem es unklar war, wie weit sich SARS in HongKong ausgebreitet hatte, informierte ich mich beim Bodenpersonal direkt. Ich hatte bereits von Deutschland aus ein Zimmer im Airport Regal Hotel gebucht, und wollte sichergehen, da ich den Transitbereich hierfür verlassen musste. Da das Hotel durch einen Gang mit dem Flughafen verbunden war, entschied ich mich dafür. Mein Anschlussflug ging erst abends um 18:00 Uhr weiter und ich nutzte die Zeit, um wenigstens einpaar Stunden zu schlafen. Ich hatte mich schnell an den „Look“ gewöhnt.


Frisch erholt flog ich von HongKong nach Nanning, in der Provinz Guangxi, Flugzeit 1,5 Stunden. Am Flughafen Nanning wurde ich von Ms. Yang, Angestellte im Foreign-OfficeBüro, abgeholt und zur Universität der Traditionellen chinesischen Medizingebracht, Transfer ca. 1 Stunde. Alles klappte reibungslos. Das Wetter war bei der Landung sehr neblig und ein wenig regnerisch.
Ms. Yang zeigte mir mein Zimmer und informierte mich, wo ich zu so später Stunde denn noch etwas zum Essen bekommen würde. Naja, das Zimmer war sehr spartanisch eingerichtet. Aber immerhin hatte ich eine Aircondition, ein steinhartes Bett – Chinesen schlafen normalerweise auf Holzbrettern – (musste mir eine ziemlich dicke Decke 4mal falten, damit ich überhaupt schlafen konnte!!), einen Fernseher mit ausschließlich chinesischen Sendern und ein Bad mit Dusche! Also, man konnte sich wirklich nicht beklagen. Nach einer Nacht – tiefsten Schlafes (*dank Decke*), meldete ich mich am nächsten Morgen, Montag, im Foreign-Office bei Mrs. Lin, um alle Details für meinen einmonatigen Aufenthalt, wie Stundenplan, Kliniken etc. zu besprechen. Mrs. Lin und Ms. Yang waren immer sehr hilfsbereit und zuvorkommend und für alle Belange zur Stelle. Sogleich lernte ich auch noch Doc. Dong kennen, bei welchem ich auch meinen ersten Einsatz hatte.
Während des Tages erkundete ich das Universitätsgelände. Es war alles vorhanden Shop, Frisör, Kantine, Theater, Bibliothek, Museum, riesengroßes Sportareal und Internet/Room.
Am Abend wurde ich von sehr netten chinesischen Medizinstudenten zum Essen in die Stadt eingeladen. Wir fuhren mit Motorrollern, Vespas, in irgendwelche Hinterstrassen, mit Markt und vielen kleinen Strassengeschäften. Ich hätte mein Lebtag da nie wieder alleine raus gefunden, so verschlungen war die Gegend. In solch einem „Strassenrestaurant“, mehr Nische, aßen wir unser Abendessen. Gegrillten Mais, Tofu, Fleisch (welches auch immer!) alles aufgespießt und in Plastiktüten. Aber es hat sehr lecker geschmeckt!



So schnell konnte man gar nicht schauen, wie ruckzuck alle Liegen belegt waren. Da viele Patienten schon öfters in der Praxis waren, erzählte mir Dr. Dong vor der Behandlung zu jedem Patienten kurz das Wichtigste und die Diagnose. Sodann folgte das Stechen der entsprechenden Punkte. Die Nadeltechnik entsprach der gelernten von Hr. Thews und so durfte ich gleich meinen ersten chinesischen Patienten akupunktieren. Ich war doch sehr überrascht, dass die Hautstruktur der chinesischen Bevölkerung so spürbar von der westlichen sich unterscheidet. Sie ist irgendwie fester. Übrigens in China werden keine Einmalnadel verwendet, sondern nach den Behandlugen immer wieder sterilisiert. Einfach eine Sparmassnahme. Obwohl es auch Patienten gab, die ihre eigenen Nadel hatten. Es gab viel zu tun, kurze Besprechung des jeweiligen Falls, Punkteerläuterung, stechen, nächster Patient und so fort. Dann Nadel ziehen, ggf. Schröpfen. Und somit war ich gleich mit eingebunden.
Am zweiten Tag war ich im Hospital No. 2 bei Dr. Qin eingeteilt. Hier durfte ich mir erstmal ein Bild machen, wie es normalerweise in chinesischen Kliniken zugeht. Ich hatte eine kurze Klinikbegehung, alles sah sehr spartanisch aus. Die Türen standen überall offen, jeder konnte zu jedem reinschauen und die Patienten lagen auf Holzbrettern ca. 5 cm hoch, als Matratzen, bisschen hart! Mir wurde gesagt, dass die Chinesen es gewohnt sind, so zu schlafen.
mir einige Begriffe auf Chinesisch aneignen. Zur Diagnose und Behandlung bekam ich die Übersetzung von den jeweiligen Ärzten. Es gab immer sehr viel zu tun. Dr. Qin war für die Abteilung Neurologie verantwortlich. So wurden hauptsächlich Faciales Parese, ein Fall Meningitis, Schädeltrauma und vor allem, was sehr häufig vorkam, Apoplex mit Akupunktur behandelt. Im Hospital No. 2 wurden die Patienten nach der westlichen Medizin therapiert, wenn ein Patient zusätzlich eine Akupunkturbehandlung wünschte, leitete der Abteilungsarzt dies an Dr. Qin weiter. Eine Therapie ausgerichtet in beide Richtungen, brachte einen enormen Vorteil und beschleunigte den Heilungsprozess. Aber auch wenn die Therapie mit Erfolg anschlug, gab es dramatische Fälle, bei denen auf Grund finanzieller Notlage abgebrochen werden musste. Das war sehr schwer zu verstehen! Besonders ein Meningitisfall war für mich schockierend. Es handelte sich um einen 18-jährigen Patienten, der innerhalb kürzester Zeit ab HWS komplett gelähmt war. Er konnte nur noch den Kopf bewegen und sprechen. Auch er wünschte zusätzlich zur westlichen Medizin, die Akupunkturbehandlung. Nach einigen Behandlungen war es ihm möglich, zwei seiner Finger der rechten Hand zu bewegen. Darüber war er sichtlich erfreut und schöpfte wieder Hoffnung. Nach vier Wochen Behandlung, sein Zustand besserte sich täglich, brach er die Akupunkturbehandlung ab. Grund: Er konnte die finanziellen Mittel hierfür nicht mehr aufbringen. Ich konnte es einfach nicht glauben. Aber das ist der Alltag in China!

Am Sonntagmorgen, zu meiner Überraschung, begleiteten mich meine engsten Freunde zum Flughafen. Darüber hatte ich mich sehr gefreut.